Einander in den Armen liegen, ein Geheimnis anvertrauen, sich selig entscheiden, doch erst die nächste U-Bahn zu nehmen. Es sind Momente wie diese, die eines der wichtigsten Bedürfnisse in unserem Leben erfüllen: Das Verlangen danach, mit anderen Menschen in positive Beziehungen zu treten, wertvolle Bindungen einzugehen - das sogenannte Affiliationsbedürfnis. Es kann uns in einsamen Momenten an den Rand der Verzweiflung treiben. Wer suhlt sich nicht hin und wieder mal in der Überzeugung, alle anderen Menschen hätten heute die Nacht ihres Lebens vor sich, während man selbst alleine auf dem Sofa Staub ansetzt? Doch in besseren Momenten kann dieser need to belong dafür sorgen, dass wir uns berauscht fühlen an der Verbundenheit mit anderen Menschen.
Stabile soziale Beziehungen bringen drei große Benefits mit sich, die unser Leben bereichern.
Nicht nur was Alltagsstress anbelangt, sondern auch bei tragischen Lebensereignissen wirken soziale Beziehungen wahre Wunder. Ob die Trennung vom langjährigen Partner, kompromisslose Vorgesetzte oder ein Krankheitsfall in der Familie: Das Gefühl, gut in ein Netzwerk eingebunden zu sein und Unterstützung wahrnehmen zu können, puffert Stress ab, hilft bei der Stressbewältigung und steigert die Resilienz. Mit einer gestärkten Resilienz sind wir für Krisen besser gewappnet und kehren schneller in den psychischen Normalzustand zurück. Soziale Beziehungen sind demnach eine Ressource, die wir gar nicht genug aufbauen können – denn geteiltes Leid ist tatsächlich halbes Leid.
Bekanntermaßen ist Stress ein ernst zu nehmender Gesundheitskiller. Wenn also stabile Beziehungen Stress abpuffern, kommt das auch der Gesundheit zugute? Tatsächlich beeinflusst die Eingebundenheit in soziale Beziehungen das Sterblichkeitsrisiko von Personen: Verglichen mit Personen, deren soziale Beziehungen eher schwach und lose sind, steigt für Personen, die sich gut eingebunden fühlen, die Überlebenswahrscheinlichkeit um 50%. Obwohl sich der Mangel an starken sozialen Beziehungen auf die Sterblichkeit ähnlich auswirkt wie weitaus bekanntere Risikofaktoren, z.B. Rauchen oder Übergewicht, wird von Ärzt*innen nur selten darauf hingewiesen. Dabei leuchtet es ein, nicht nur über Ernährung oder das Rauchen zu sprechen, sondern auch darüber, dass sozialer Ausschluss wehtut – und wie wir durch den Aufbau und die Pflege sozialer Beziehungen unsere Gesundheit stärken können. Sei es beim Fernsehabend mit dem besten Freund oder beim Familienpicknick. All das wirkt gesundheitsfördernd.
Es liegt nahe, dass sich soziale Beziehungen auch auf unser psychisches Wohlbefinden auswirken. Die Forschung zeigt, dass soziale Beziehungen eine tragende Rolle dabei spielen, wie zufrieden und glücklich wir sind. Wer warmherzige, vertrauensvolle Kontakte im Umfeld hat, kann Freuden mit anderen teilen und verfügt in herausfordernden Zeiten über Rückzugsorte. Die Psychologin Carol Ryff weiß um die große Relevanz sozialer Beziehungen und benennt sie neben Selbstakzeptanz und Lebenssinn als eine der sechs Komponenten von Wohlbefinden.
Es tut gut zu spüren, dass liebe Menschen an uns denken. Wir können uns daran erinnern, dass wir diese kleinen Oasen im Alltag auch für andere schaffen können. Vielleicht kann es gelingen, sich das nach einem stressigen Arbeitstag ins Gedächtnis zu rufen und sich mit der Freundin zu verabreden, die immer die lustigsten Geschichten zu erzählen hat. Oder sich mit dem Kollegen, der genauso unter Druck steht, gegenseitig aufzumuntern. Denn ob Liebe, Familie, Freundschaft oder Arbeit: Ein stabiles Netzwerk kann dazu beitragen, dass wir Stress besser bewältigen und gesünder, länger und glücklicher leben.